How to: Fernbeziehung
Mein Freund und ich sind momentan etwas mehr als 2 1/2 Jahre zusammen. In dieser Zeit bin ich ungefähr 16.320 km gefahren, um ihn zu sehen.
Um das mal ins Verhältnis zu setzten, das ist ungefähr so weit, wie die Flugstrecke von Düsseldorf nach Sydney… SYDNEY!!! Ja ich meine das in Australien, auf der anderen Seite der Welt. Aber erstmal ganz an den Anfang, denn wir mussten nicht schon immer so weit fahren, um uns zu sehen.
Mein Freund und ich haben uns im April 2021 über Tinder kennengelernt. Als ich meinen Freundinnen davon erzählte, waren sie absolut nicht begeistert. Vor allem weil ich gleichzeitig davon berichtete, dass ich das Wochenende bei ihm verbringen wollte. “Er könnte ja ein Serienmörder sein! Oder schlimmeres, ein Playboy.” Was man nicht alles so denkt…
Mein Freund kommt gebürtig aus NRW und war zu der Zeit, als wir uns kennenlernten in Niedersachsen in der Ausbildung. Ich hatte ewig viel in meine Biografie bei Tinder geschrieben und er antwortete mir, indem auf jeden einzelnen Punkt einging. Wir waren direkt Hals über Kopf verliebt und verbrachten ab dem Moment unseres ersten Treffens, jedes Wochenende miteinander.
Zumindest bis ich im September mit meinem FSJ fertig war und es an meine Bewerbungen fürs Studium ging. Meine Auswahl stand zwischen Mönchengladbach: was 3 Stunden Autofahrt oder 4 Stunden Zugfahrt, oder Albstadt Sigmaringen: was etwas mehr als 7 Stunden Autofahrt oder 11 Stunden Zugfahrt (ICE-Fahrt mit einberechnet) für uns bedeutete. Naja was soll ich sagen, ich hab mich natürlich für das entschieden, was näher dran war. Nicht nur für meinen Freund, sondern auch für meine Familie.
Ab Oktober 2021 war ich also Einwohnerin von Mönchengladbach, was bedeutete; dass ich mindestens jedes zweite Wochenende, mit dem Zug für 4 Stunden nach Niedersachsen fuhr. Ich hatte eine 1-Zimmer-Wohnung im Herzen von Rheydt, also im schlimmsten, jedoch günstigsten Stadtteil von Mönchengladbach und war vollkommen isoliert. Hinzu kam, dass 95% meiner Vorlesungen online stattfanden. Diese Zeit war unglaublich schwierig für mich, denn ich habe eigentlich nur, von Wochenende zu Wochenende gelebt. Ein großer Vorteil unserer Beziehung war von Anfang an, dass wir unglaublich offen und ehrlich über alles geredet haben, was uns in den Kopf kam. Egal ob Probleme, Familie, Zukunft oder einfach nur Gott und die Welt. Außerdem, war ein wichtiger Punkt für uns, dass wir jeden Abend telefonierten, wenn auch nur kurz, um dem anderen Gute Nacht zu sagen.
Nach einem Jahr in dieser schrecklichen Wohnung und nachdem mein Freund seine Ausbildung abgeschlossen hatte, sind wir im August 2022 in eine gemeinsame Wohnung, etwas außerhalb von Mönchengladbach gezogen. Jetzt denkt ihr wohl: Hä aber wieso denn dann so viele Kilometer? Naja weil mein Freund nur temporär in dieser Wohnung wohnt. Nach seiner Ausbildung hat er ein Duales Studium in Mannheim angefangen und wohnt quasi die Hälfte des Jahres dort.
Und eins kann ich euch sagen, ich dachte eigentlich vorher schon, dass es hart gewesen wäre, aber das hat nochmal eine Schippe oben draufgelegt.
Das schwierigste für uns sind die Klausurphasen, denn in denen lernt mein Freund den ganzen Tag, bis spät in die Nacht. Das heißt im Endeffekt für mich, wenig bis keine Antworten auf Whatsapp, keine Anrufe über den Tag und sehr sehr einsame Wochenden, mit viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Um ehrlich zu sein haben ich immer noch nicht die Lösung für dieses Problem gefunden. Ich fühle mich einerseits im Stich gelassen und nicht genug gewertschätzt, dementsprechend bin ich oft traurig und sauer auf ihn. Andererseits fühle ich mich aber auch wahnsinnig selbstsüchtig, weil ich etwas vom ihm fordere, obwohl er selbst keine Zeit hat und sich komplett auf seine anstehenden Klausuren fokussieren muss. Also falls da jemand eine Lösung hat… Ich bin ganz Ohr!
Eine Sache, die einem das alles jedoch erleichtert ist, das es Absehbar ist. Wir müssen “nur noch” bis Februar 2026 durchhalten und danach können wir hoffentlich so in unser gemeinsames Leben starten, ohne auch nur einen weiteren Tag getrennt zu sein (ohne es zu wollen natürlich). Heißt es gibt ein Ziel, auf das man gemeinsam hinarbeiten kann.
Und hey…nur noch 790 Tage 😩