Und auf einmal ist alles anders…
Die letzten Monate war es sehr ruhig hier, kein Blogpost, kein Update kein nichts. Ich weiß um ehrlich zu sein garnicht genau wo ich anfangen soll, aber ich weiß, dass es mir besser gehen würde wenn ich es tue.
Das Herz ist eines der wichtigsten Organe des menschliches Körpers. Es pumpt jede Minute ungefähr 5 bis 6 Liter Blut durch den ganzen Körper und hält uns somit am Leben. Aber das Herz hat nicht nur einen medizinischen Sinn, es ist für viele auch der Kern jeglicher Gefühle. Wir fühlen mit unserem Herzen und halten jene, die wir lieben tief darin fest. Deswegen heißt es ja schließlich auch, es bricht einem das Herz wenn man jemanden verliert den man liebt. Und das ist wiederum sogar medizinisch feststellbar. Also was ist diese komische Ding, was da in unserer Brust schlägt und wie kann ich ein gebrochenes Herz wieder heilen?
Ich gehöre jedenfalls zu denen die fest an die Liebe glauben und dass sie tief in unseren Herzen verankert ist. Deswegen ist dies auch der Grund, warum ich in meinem Organspendeausweis alle Organe, bis auf mein Herz zur Spende freigegeben habe. Ich lebe, liebe, streite und lache genau wegen diesem großen, schlagenden Ding in meiner Brust, weil es mich genau damit zu dem Menschen macht, der ich bin.
Aber um auf die andere Frage zurück zu kommen: Was macht man, wenn einem das Herz gebrochen wird?
Ich denke jeder von uns hat schon einmal diesen Herzschmerz erlebt. Diesen stechenden Schmerz, wenn sich etwas so krass im Leben verändert, ohne es überhaupt gewollt zu haben. Ob eine Trennung, ein Umzug aber auch wenn jemand stirbt… Nun ja und darum habe ich hier schon länger nichts mehr geschrieben. Ich habe bisher eigentlich gedacht, dass ich wüsste wie es sich anfühlt, wenn jemand stirbt. Ich hab doch schließlich in einem Hospiz gearbeitet und dort jeden Tag mitbekommen, wie Menschen, Familien & Herzen brechen, weil ein wichtiger Teil ihres Lebens, von einer auf die nächste Sekunde weg ist. Dachte ich wohl! Dieses Gefühl, dass sich in dir schlagartig ausbreitet, als wäre dir der Boden unter den Füßen weggerissen worden oder als hätte dir jemand ein großes, spitzes Schwert, direkt in die Brust gebohrt und mitten ins Herz getroffen. Ich denke jeder, der dies einmal erfahren musste, kann mir zustimmen, dass das nichts ist was man einem anderen Menschen wünscht. Denn egal wie lange oder kurz man sich darauf vorbereiten konnte, man ist nie wirklich richtig darauf vorbereitet einen geliebten Menschen zu verlieren!
Ich kann mich noch daran erinnern, als wäre es gestern gewesen, dass ich sobald ich Streit mit meinen Eltern hatte oder mit meinen Geschwistern, ich runter zu Oma und Opa gelaufen bin, um ihnen zu erzählen wie schrecklich doch alle zu mir sind und das ich viel lieber nur noch bei ihnen wäre. Meine Oma hörte mir jedes mal, ganz aufmerksam zu, egal wie verrückt meine Geschichte war oder wie sehr ich versuchte die Schuld von mir zu weisen. Dann nahm sie mich liebevoll in den Arm, gab mir einen Kuss, drückte mich so fest sie konnte und sagte dann: Lass dich nicht ärgern Marie, das wird schon wieder!
Sie war mein Hafen, mein Rückzugsort und mein Zuhause, wenn ich es oben bei meinen Eltern & Geschwistern nicht mehr aushielt. Jeden Tag habe ich Zeit mit ihnen verbracht. Egal ob einer von beiden mich aus dem Kindergarten abholte, weil Mama & Papa beide arbeiten mussten, Opa mir das Fahrrad fahren beibrachte oder ich nach der Schule zum Mittagessen und Hausaufgaben machen vorbeikam. Ich war bei ihnen immer etwas besonderes und habe mich so unendlich wohl & beschützt gefühlt. Und ja alle diese Erinnerungen sind unendlich schön… aber seitdem meine Oma nicht mehr da ist, schaffe ich es nicht einmal mehr daran denken, ohne in Tränen auszubrechen. Und um ehrlich zu sein, ich bin nicht nur traurig das sie nicht mehr da ist, sondern auch unendlich sauer!
Ich bin sauer auf meine Geschwister, weil sie Oma bei jedem wichtigen Erlebnis in ihren Leben dabei haben konnten. Bei ihrer Verlobung, bei ihrer Hochzeit, sogar bei der Geburt ihres 1. Kindes … und ich! Ich werde nie sehen wie sich meine Oma darüber freut, mich einmal in einem Brautkleid zu sehen oder zu hören, was sie mir erzählen würde, wenn ich irgendwann erzählt hätte, dass ich schwanger bin. Ich bin so unendlich wütend und neidisch darauf, dass die Beiden miterleben durften, wie sich Oma darüber gefreut hat, ihr erstes Urenkelkind zu halten oder dann ihr zweites. Sie durften diese ganzen Dinge miterleben und ICH NICHT! Ich bin sauer auf mich selbst, dass ich nicht öfter hingefahren bin, oder öfter angerufen habe. Wieso bin ich nicht einfach öfter nach unten gegangen, wenn ich Zuhause war und habe mit ihr Zeit verbracht?! Wieso hatte ich immer wichtigeres zutun, als Zeit mit meiner Oma zu verbringen? Die Person die mich gelehrt hat liebevoll zu sein und vor der ich meine Gefühle nie verstecken musste, weil sie es immer sofort gemerkt hat, wenn etwas los war. Fragen über Fragen tummelten sich wochenlang immer wieder in meinem Kopf.
Der Schlaganfall den sie hatte, hat von heute auf morgen alles verändert. Ich konnte mich nicht verabschieden, nicht nochmal ihre Stimme hören oder ihr herzliches lachen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich von heute auf morgen von der Zukunft, so wie ich sie mir ausgemalt habe, verabschieden muss und verstehe einfach nicht, wie so etwas fair sein kann. Hätte ich gekonnt, hätte ich alles auf mich genommen, all die Schmerzen, all die Probleme und Sorgen. Sie hat alles gegeben was sie konnte und ich wollte einfach nicht, dass sie aufgibt und doch wusste ich wie sie leidet. Ich wusste wie egoistisch es von mir war, sie nur da behalten zu wollen, damit mein Leben sich nicht verändert, damit ich keinen Schmerz empfinde. Ich wollte doch noch so viel mit ihr teilen und sie bei wichtigen Momenten in meinen Leben dabei haben. Aber ich wollte auch, dass sie keine Schmerzen mehr hat. Dass sie sich nicht, sobald wir alle wieder nach Hause gefahren sind, in den Schlaf weint. Ich wollte einfach nur, dass sie nicht mehr das Gefühl hat, weiter kämpfen zu müssen, selbst wenn sie es nicht mehr kann & will.
Ich würde alles auf der Welt dafür geben, sie noch einmal lachen zu hören oder mich in den Arm zu nehmen und mir zu sagen: Das wird schon wieder Marie! Ich hab dich lieb.🤍